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Der Borobudur ist eine der weltweit größten buddhistischen Tempelanlagen. Die gewaltige Anlage, die sich inmitten des tropischen Grüns der Insel Java erhebt, wirkt beinahe wie ein Fremdkörper, manche sagen Raumschiff. Die Steinquader ragen 80 Meter und mehr in den Himmel und flößen nicht nur religiösen Menschen Ehrfurcht ein. Mit neun gestapelten Plattformen, gekrönt von einer zentralen Kuppel, geziert von 2672 Reliefpaneelen und 504 Buddha-Statuen ist der Tempel einfach atemberaubend. Wir schauen uns die Geschichte dieser bedeutenden Tempelanlage einmal genauer an.

Die Geschichte von Borobudur

Das mächtige Borobudur liegt auf einem kleinen Hügel im Kedu-Becken. Umgeben von Bergen liegt dieser in einem fruchtbaren Tal. Im Nordosten und Norden finden sich die beiden Vulkane Merbabu und Merapi, im Nordwesten Sindoro und Sumbing. Hier mündet auch der Fluss Elo in den Progo – ein geschützter, perfekter Ort für den Erbau einer aktiven Tempelanlage. Gehen wir auf eine Reise in die Geschichte von Borobudur, seiner Erbauung, einer Zeit des Vergessens und der Wiederbelebung.

Der Name der Tempelanlage Borobudur

Die wirkliche Bedeutung des Namens Borobudur ist bis heute unklar. Er ist eine Verbindung aus den Worten Bara und Budur. Das Wort bara, abgeleitet von Vihara, bezeichnet einen Komplex aus Tempeln, Klöstern für Mönche und deren Schlafsälen. Budur ist balinesisch und heißt soviel wie darüber. So kann man sagen, dass Borobudur in etwa Tempelanlage auf dem Hügel bedeuten kann. Das zumindest würde als  Beschreibung des gigantischen Bauwerkes ja auch ziemlich treffend sein, denn es wurden auch Überreste von Klöstern gefunden.

Außerdem wurde auch eine Inschrift entdeckt, die auf den Namen und dessen Bedeutung hindeutet. Im Jahr 842 entdeckte Cri Kahuluan einen nicht vollständigen Namen, den er versuchte, wiederherzustellen. Wahrscheinlich hieß der vollständige Name auf der Inschrift Bhumisambharabudhara. Das bedeutet soviel wie „Ansammlung von Tugenden auf den zehn Stufen des Bodhisattva“. Auch ein dazugehöriges Dorf in der Nähe fehlt nicht und stützt die Annahme, dass nicht nur Tempel, sondern auch klösterliches Leben in Borobudur angesiedelt war.

Aufbau und Niedergang

Über den Aufbau der Tempelanlage Borobudur gibt es keinerlei Aufzeichnungen über das Datum, keine urkundliche Erwähnung in den Büchern. Die Fertigstellung der Anlage wurde von Experten anhand einer an der Basis gefundenen Inschrift geschätzt. Diese Inschriften sind in der Schrift der Kawi verfasst und werden nach Vergleichen mit anderen Schriftstücken in ganz Indonesien auf das Jahr 800 geschätzt. Man geht davon aus, dass der Bau des monumentalen Werkes 100 Jahre brauchte. In dieser Zeit wurde Java, genauer gesagt Zentraljava, von der Sailendra-Dynastie regiert. Sie waren Anhänger des Mathayana-Buddhismus, was man an der Tempelanlage Borobudur deutlich sieht.

Nach dem Erbau stand Borobudur ungefähr 150 Jahre als geistliches Zentrum des Buddhismus in Java. Doch die Tempelanlage lag nicht nur eingebettet zwischen hohen Bergen, sondern wie schon erwähnt, ist sie gesäumt von Vulkanen. So ist es nicht besonders erstaunlich, dass ein solcher dem majestätischen Bauwerk auch den Garaus machte. Im Jahr 930 vertrieb ein Vulkanausbruch, wahrscheinlich der Merapi, quasi die komplette Bevölkerung im Tal und den anliegenden Dörfern. Borobudur verwaiste und wurde der Natur überlassen. Auch von Seiten der Regierung in Java gab es kein Interesse an dem Erhalt des Tempelkomplexes, da die politischen und kulturellen Aktivitäten nach Ostjava gewandert sind. So kam es, dass der Bau völlig in Vergessenheit geriet.

Es gibt aber auch noch eine andere Geschichte, die besagt, dass man die Tempelanlage bis ins 14. Jahrhundert nutzte. Dann konvertierte Java zum Islam und der Tempel wurde aufgegeben. Ob es dann in 500 Jahren weniger so vergraben, abgesunken und überwuchert sein konnte, ist ungewiss. Wahrscheinlicher ist die Theorie mit dem Vulkanausbruch, zumal dieser nachweisbar ist.

Borobudur Temepl in Indonesien Plattform

Wiederentdeckung des Borobudur- Komplexes

Erst im Jahr 1814 wurde das Heiligtum mitten in Java wiederentdeckt. Nachdem es 1000 Jahre von Vulkanasche begraben und mit Dschungelvegetation überwachsen war, begannen nun europäische Kolonialherren das Bauwerk wieder ans Licht zu bringen. Sir Thomas Stamford Raffles, der damalige britische Herrscher auf Java, verkündete den Standort des Tempelkomplexes. Allerdings stieß er nicht selbst auf ihn, sondern wurde von Einheimischen auf dessen Existenz hingewiesen. Sogleich beauftragte er den Holländer H. C. Cornelius, einen Bericht über Lage und Zustand des monumentalen Bauwerks anzufertigen. Aber erst im Jahr 1835 begann man mit der Freilegung des Komplexes Borobudur. Dies geschah aber nicht mehr auf Initiative des Briten, sondern eines einfachen Bürgers von Kedu. Bei der Säuberung des Geländes entdeckte man dann den ersten Schrein und der Grundstein für den Wiederaufbau war gelegt.

Borobudur im Wiederaufbau

Wenn man sich die gewaltige Größe des Tempelkomplexes vor Augen führt, ist nachvollziehbar, dass die Restaurierung der Anlage mehrere Jahrhunderte in Anspruch nahm. Immer wieder in kleineren Abschnitten führte man Arbeiten durch, trug Geröll ab, entfernte Vegetation und legte nach und nach die alte Stätte frei. Außerdem bekam die buddhistische Anlage auch nach dem Vulkanausbruch noch die Macht der Natur zu spüren. So erschütterte zum Beispiel im Jahr 1548 ein gewaltiges Erdbeben die gesamte Insel. Man vermutet, dass viele der Schäden am Tempelkomplex Borobudur auch noch hierdurch entstanden sind.

Nicht nur persönliche Interessen, sondern auch das öffentliche Interesse, wurde im Jahr 1885 so richtig geweckt. Der holländische Armeeingenieur J. W. Ijzeman fand die verborgenen Reliefs am Fuße des großen Tempels. Manche waren noch recht gut erhalten, andere fast nicht mehr zu erkennen. Manche Experten behaupten, dass jene Reliefs, die nur noch in ihren Umrissen zu erkennen waren, gar nicht erst verwittert, sondern nicht fertiggestellt wurden, weil der Bauplan für die Tempelanlage geändert wurde. Da man aber quasi nichts von der Erbauung weiß, stehen diese Argumente auch auf ganz unsicheren Füßen. Durch diese Funde aber war die Restaurierung beschlossene Sache. Im Jahr 1896 zeigten die Holländer das Monument dem thailändischen König Chulalongkorn und er bekam einige der Statuen des Tempels als Geschenk.

Restauration des Tempels Borobudur im 20. Jahrhundert

Im Jahr 1900 gründeten die holländischen Kolonialherren ein Komitee zur Restaurierung des Tempelkomplexes. Borobudur sollte sogar ein riesiges Zinkdach bekommen, um vor der Witterung geschützt zu sein. Glücklicherweise lehnte die Mehrheit des Komitees diesen Vorschlag ab. 1905 erstellte man einen Plan, um die wichtigsten Messungen und Vorarbeiten zum Schutz und zum Wiederaufbau von Borobudur zu beginnen. Die Leitung hatte der Archäologe Dr. Theodor van Erp. Es ging schnell voran und schon sechs Jahre später waren große Teile wieder freigelegt. Ein Jahrtausend lang waren sie geschützt und deswegen gar nicht so schwer beschädigt wie angenommen.

Im Jahr 1955 dann trat Indonesien an die UNESCO heran und stellte einen Plan für die Rettung Borobudurs und anderer Tempelanlagen vor. Die UNESCO beteiligte sich nach einigen Überlegungen an den Vorhaben und Borobudur war schlussendlich ab dem Jahr 1983 vollständig wiederhergerichtet und der Öffentlichkeit zugänglich.

Borobudur Tempel Buddha Statue

Die Architektur des Borobudur

Die Architektur der Tempelanlage Borobudur entpuppt sich als die Darstellung eines gigantischen steinernen Universums. Voller buddhistischer Symbole ist der Bau in die drei Welten der buddhistischen Kosmogonie unterteilt. Zunächst wandert man durch die Welt der Menschen, die Sinnenwelt oder Kamadhatu. Diese ist der unterste Teil der Pyramide. Dann kommt man in die Übergangswelt, die Rupadhatu. Hier werden die Menschen von ihrer körperlichen Form und den weltlichen Dingen erlöst. Die dritte Welt ist schließlich die der Götter. Ārūpyadhātu ist die Welt der Perfektion und der Erleuchtung, eine völlig unkörperliche Welt.

Die Form des Borobudur

Die Form entsprícht einer Steinpyramide, so wie wir sie auch aus dem alten Ägypten oder von den Mayas kennen. Ebenso mühselig wie der dokumentierte Bau dieser war sicherlich auch der des Borobudur- Komplexes. Von allen vier Seiten kann man die Stufen emporklimmen, um auf die Spitze der Stufenpyramide zu gelangen. Sechs quadratische Ebenen und drei kreisförmige Terrassen sind aus Millionen von Steinquadern erschaffen worden und bereiten die Pyramide auf eine zentrale Spitze, die Stupa vor.

Das ganze Bauwerk ist auf einer rechteckigen Form aufgebaut. Unzählige Terrassen, Stufen, Reliefs und Statuen lassen den Tempel wie ein riesiges Kunstwerk aussehen. Die steinernen szenischen und figürlichen Reliefs gehen in die Tausende, stellen das Leben Buddhas und der Menschen dar. Borobudur ist ein Geschichtsbuch, welches man nicht aufklappen, sondern erklettern muss.

Der Borobudur und seine Buddhastatuen

Insgesamt gab es 504 Buddhastatuen auf dem Tempel. 300 davon sind kaputt. Meist fehlt ihnen der Kopf. Islamische Führer kommentieren die Verstümmelungen lapidar als geklaut. Dabei sind sie sich der Bedeutung des Tempels für die Buddhisten durchaus bewusst. Indonesien insgesamt und Java im Besonderen ist anderen Religionen als der eigenen Staatsreligion gegenüber sehr aufgeschlossen und tolerant. Die Buddha-Statuen scheinen auf den ersten Blick alle irgendwie gleich, doch bei genauerem Hinsehen entdeckt man die Unterschiede. Sie unterscheiden sich durch die Haltung ihrer Hände. Die Handhaltung nennt man Mudra. Auf den ersten vier Balustraden findet der Betrachter ganz verschiedene Mudras. Alle Statuen auf der fünften allerdings haben die gleiche Handhaltung. Auch die 72 Statuen auf den kreisförmigen Terrassen haben eine einheitliche Mudra. Insgesamt können Sie am Borobudur fünf Mudras entdecken, die dem Mahayana-Konzept der fünf Dhyani-Buddhas entsprechen. Erfahren Sie mehr über die Handhaltung des Buddha und deren Bedeutung in unserem Beitrag dazu.

Pilgerweg und Borobudur

Früher gab es einen Pilgerweg zum Tempel Borobudur, der noch zwei andere kleinere Tempel, den von Mendut und den von Pawon miteinschloss. Heute pilgern noch immer einige Buddhisten hier hinauf und beten unter freiem Himmel. Doch zum großen Teil sind es Touristen, die sich hierher verirren, denn ein Geheimtipp ist Borobudur schon lange nicht mehr. Dutzende lassen sich durch die Anlage führen und erklettern die Spitze, um von dort oben einen atemberaubenden Blick über die Landschaft zu erhaschen. Ein angeschlossenes Museum zeigt besondere Schriftstücke und Originalsteine, die bei der Restaurierung in den Jahren 1973 bis 1983 ausgetauscht wurden. Am besten machen Sie sich selbst einen Eindruck von der Wirkung und Mächtigkeit des Borobudur und besuchen Sie Java mit seiner faszinierenden Natur und Kultur. Es lohnt sich und keine Beschreibung, auch mit den schönsten Worten nicht, kann das Gefühl vermitteln, wenn man selbst mittendrin steht.

Borobudur wurde einst von Vulkanausbrüchen und Erdbeben zerrüttet und begraben und der Tempel steht noch heute auf einem Pulverfass. Die Instandhaltung wird niemals abgeschlossen sein. Wie zerstörerisch die Natur wüten kann, und das ganz schlagartig, zeigt der Tempel Prambanan, den zuletzt im Jahre 2006 ein Erdbeben heimsuchte. Diesem Tempel steht noch bevor, was man bei Borobudur schon geschafft hat – die Wiedererrichtung einer heiligen buddhistischen Stätte. Dem Prambanan widmen wir einen eigenen Artikel.

 

Borobudur – einzigartiges Weltkulturerbe auf Java
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